Lebensmittelbranche im Kreis spricht jetzt mit starker Stimme. Standortattraktivität erhalten, den Wirtschaftsstandort stärken und Innovationen unter Berücksichtigung des Fortschritts von Wissenschaft und Technik ermöglichen – so klingt es meistens, wenn Unternehmen sich zusammenfinden, um mit Politik, Verwaltung und Wissenschaft über Möglichkeiten nachzudenken, wie man gemeinsam den Herausforderungen einer stetig globaler werdenden und dennoch immer transparenteren Wirtschaft begegnen kann.
Aus Heidelberg kommen nun ganz neue Töne dazu: Dort hat sich in mittlerweile fast fünf Jahren rühriger Arbeit eine Interessengemeinschaft der Lebensmittelbranche gebildet. Lebensmittelbranche? Im Rhein-Neckar-Kreis? So mancher, dem bei der Beschreibung der regionalen Wirtschaft prompt die großen Unternehmen aus der IT-Welt, dem Maschinenbau, dem Chemiesektor oder der Automobilwirtschaft einfallen dürften, wird überrascht sein zu hören, dass die Nahrungsmittelwelt im Kreis etwa 8.000 Menschen in 250 Unternehmen aus der gesamten Wertschöpfungskette beschäftigt. Tendenz: steigend!
Der Zuwachs bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag zwischen 2011 und 2016 bei fast zehn Prozent. Bereits 2013 hatten sich einige der bekanntesten Lebensmittelunternehmen aus dem Kreis zu ersten Gesprächen getroffen. Voneinander lernen, gemeinsam die Lebensmittelzukunft gestalten, wissenschaftliche Entwicklungen anstoßen, mit einer starken Stimme gegenüber der Politik sprechen und die Branche in einem besonderen regionalen Wirtschaftsumfeld attraktiv für Mitarbeiter zu machen – aus der Vision dieser Vordenker wurde im Laufe der Jahre und nach diversen Workshops unter Leitung der Stabsstelle Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises sowie mit Unterstützung der Cluster-Agentur Baden-Württemberg ein regionales Lebensmittelnetzwerk. In Anwesenheit des gerade erst wiedergewählten Landrats Stefan Dallinger fand am Mittwoch, 14. März gemeinsam mit zehn weiteren Unternehmensvertretern im Landratsamt Rhein- Neckar-Kreis in Heidelberg die Gründungsversammlung für den Verein statt, der sich „food.net:z – Lebensmittelnetzwerk Rhein-Neckar“ nennen wird. „Ich bin stolz, diesen Meilenstein als Gründungsmitglied begleiten zu dürfen. Die Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises hat das konkrete Ziel des Aufbaus eines Lebensmittelnetzwerks in der Region Rhein-Neckar seit Monaten intensiv verfolgt – und mit dem heutigen Tag einen wichtigen Schritt zur langfristigen Etablierung erfolgreich umgesetzt. Ich danke den elf mutigen Vordenkern, die wahrhaft über den Tellerrand geblickt haben, für ihr Engagement, das unsere Region mit Sicherheit noch attraktiver machen wird“, so Stefan Dallinger bei der Begrüßung. Der Landrat wurde Zeuge, wie die Vereinssatzung einstimmig angenommen wurde und begleitete auch die Wahl des Vorstands. Dr. Helmut Gerlach vom Unternehmen Naturin Viscofan GmbH wird 1. Vorsitzender, als Stellvertreter wählte die Versammlung Sascha Hohl (Dekoback GmbH). Weitere Funktionen im Vorstand übernehmen Patrick Misch (ADM WILD Europe GmbH & Co. KG), Rene Kopp (KSB AG) und Danyel Atalay (Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis). Zur Geschäftsführerin wurde Isabel Bergerhausen aus der Stabsstelle Wirtschaftsförderung im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises bestimmt.
Dass die auch von Stefan Dallinger beschworene Regionalität nicht nur ein mediales Schlagwort ist, sondern im Lebensmittelnetzwerk gelebt wird, das hat auch Dr. Helmut Gerlach aus dem Managementteam der Weinheimer Naturin Viscofan GmbH, Weltmarktführer im Bereich von Wurstwarenverpackungen, schon 2013 zum Mitmachen überzeugt: „Naturin Viscofan ist in der ganzen Welt zuhause, bekennt sich aber deutlich zum Produktionsstandort Weinheim in der Metropolregion. Wir waren von Anfang an vom Gedanken eines regionalen Lebensmittelverbunds begeistert und werden uns konsequent an der Arbeit beteiligen.“
Plattform für alle, vom Startup bis zum Weltkonzern
Wichtig war und ist den Machern des Netzwerks, dass nicht nur die großen Weltunternehmen ADM Wild Europe (Eppelheim), Naturin Viscofan oder die Eberbacher Gelita AG zu den Gründungsunternehmen zählen, sondern auch klein- und mittelständische Unternehmen und sogar Startups wie die in Sinsheim ansässige Heiss MSP GmbH einen Platz im Netzwerk haben. „Schon als wir 2013 die ersten Gespräche über ein Lebensmittelnetz in der Rhein-Neckar-Region führten, lag uns dieser Mix aus großen Unternehmen und KMUs am Herzen“, erinnert sich Thomas Eller, Managing Direktor bei ADM Wild. Und weiter: „Es ist Teil der Unternehmensphilosophie bei ADM, Startups und kleinere Betriebe zu unterstützen. Bereits jetzt haben wir im Lebensmittelnetzwerk Firmen kennengelernt, die wir vorher nicht auf dem Radar hatten. Wir arbeiten zwar in ein- und derselben Branche, aber in unterschiedlichen Segmenten – und können deshalb von den Kenntnissen der Partner profitieren.“ Die ganze Bandbreite der Lebensmittelwirtschaft in der Region Rhein-Neckar abzubilden und Unternehmen jedweder Größe eine Plattform zu bieten, diesen Anspruch an ihre Arbeit schrieben sich die Vereinsgründer sogar explizit in ihre Satzung.
Dort heißt es: „Der Zweck des Vereins ist die Förderung und Entwicklung der Lebensmittelwirtschaft unter Einbindung von Unternehmen der drei Kernbereiche Erzeugung, Produktion und Inverkehrbringung/Transport/Logistik sowie von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und sonstigen mit der Förderung der Lebensmittelwirtschaft befassten Organisationen.“ Ergo: Jeder aus der Region sowie geeignete Unternehmen oder wissenschaftliche Einrichtungen aus angrenzenden Landstrichen, dem an der Weiterentwicklung einer der weltweit wichtigsten Branchen gelegen ist, sollte sich ins Lebensmittelnetzwerk einbringen dürfen.
Ein gutes Beispiel dafür ist der Verpackungshersteller Rapak. Alexander Kayser, General Manager des Schwetzinger Unternehmens: „Auch wenn DSSmith/Rapak nicht selbst Lebensmittel produziert, sind wir ein Problemlöser für besondere Verpackungsanforderungen dieser Industrie. Mit dem Lebensmittelnetzwerk schaffen wir die Nähe und Vertrautheit, die über eine normale Kundenbeziehung hinausgeht und so zu beiderseitigem Vorteil sein wird.“
Attraktivität der Branche für potenzielle Mitarbeiter soll steigen
food.net:z will auch ganz handfeste Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bieten und eine Brücke schlagen. Thomas Eller: „Der Verbund kann den Menschen in der Region sehr gut vermitteln, wie interessant und vielfältig die Arbeit in der Lebensmittelwirtschaft ist.“ Das helfe den Unternehmen bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern und jungen Menschen, die ihre berufliche Zukunft in einer dynamischen Wachstumsbranche suchten, betonen die Vereinsgründer – und treffen damit den Nagel auf den Kopf. Denn vielen Unternehmen gehen angesichts der Präsenz übermächtiger Konkurrenz aus dem Maschinenbau, der IT- und der Chemieindustrie sowie dem Automobilsektor die Mitarbeiter und Nachwuchskräfte aus. Diesem Manko will der Verein durch mannigfache PR- und Informationsmaßnahmen begegnen. Von der Jobbörse über gemeinsame Messeauftritte bis hin zu Weiterbildungsevents reicht das Spektrum an Aktivitäten, mit denen die Lebensmittelbranche ein Magnet für Mitarbeiter werden soll. Der erste Auftritt des Netzwerks findet bereits am 15. Mai statt: Dann nämlich lädt food.net:z ab 16 Uhr in Heidelberg zu einer großen Auftaktveranstaltung ein, bei der Interessierte herzlich willkommen sind. Weitere Informationen dazu gibt es bei Isabel Bergerhausen, Stabsstelle Wirtschaftsförderung im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis. Sie nimmt auch gerne Anmeldungen zu diesem kostenfreien Event entgegen.